Zur Unwetterkatastrophe in Kleinblittersdorf und Bliesransbach

„Wasserschaden klein“

mit diesem Alarmstichwort wurden wohl die meisten Feuerwehrleute aus unserer Gemeinde zu einem Einsatz am 31. Mai gegen 23.30 Uhr gerufen. Das Stichwort sagt nichts über den Schaden aus, der entstanden ist, sondern bedeutet lediglich, dass der Einsatz normalerweise von einem Fahrzeug mit Mannschaft abzuarbeiten ist. Diesmal war aber alles anders. Es schüttete. Mir war gleich klar, dass mein Sohn und ich, wenn wir die 10 Meter von der Haustür zum Auto laufen, völlig durchnässt sind. Also durch die Garage, nur 3 Meter. Trotzdem waren wir nass. Auf der Fahrt zum Feuerwehrhaus kamen wir an einem Gulli vorbei, aus dem eine ein Meter hohe Fontaine schoss. Mein Sohn schickt eine Nachricht an meine Frau, dass sie unseren Keller kontrollieren soll. Ein Kamerad wollte in seine Kellergarage gehen um zum Einsatz zu fahren. Er stellte aber fest, dass seine Kellergarage mit zwei PKW bereits überflutet war. Er kam nicht zum Einsatz, half aber später in der Nachbarschaft, wo es mehrere Überflutungen gab.

Beim Umziehen gingen die Melder wieder. Es piepte an allen Ecken und Enden der Umkleide. Als ich ausrückte (das 1. Fahrzeug war schon besetzt) lag so für uns bereits ein anderer Einsatzauftrag vor. Auf der Fahrt zu dieser Einsatzstelle sahen wir im Dorf an den üblichen neuralgischen Punkten bei Starkregenereignissen, dass die Bewohner bereits am Arbeiten waren. Jetzt spätestens richtete sich wohl jeder innerlich auf eine lange Nacht ein. Bis wir an der Einsatzstelle waren ging der “Piepser” noch mehrere Male und über Funk ordnete der Wehrführer bereits an, dass für unsere Gemeinde eine eigene Technische Einsatzleitung (TEL) eingerichtet wird. Später sollten noch drei Weitere hinzukommen. Eine TEL übernimmt die Koordination der Einsätze und der Einsatzmittel (Mannschaft und Gerät). Zeitgleich wurde für die Feuerwehr der Gemeinde Kleinblittersdorf Vollalarm ausgelöst. Die Einsatzleitstelle bei der Berufsfeuerwehr Saarbrücken war überlastet. Als wir unsere Einsatzstelle am Ortsausgang erreichten, merkten wir, dass es sich nicht um ein “normales” Starkregenereignis handelte. Die Einsatzstelle war uns bekannt und es kam immer wieder mal zu Überflutungen der Fahrbahn. Doch diese Wasser- und Geröllmassen hatten wir noch nicht erlebt. Die Bewohner eines Hauses hatten uns gerufen. Bei ihnen Stand das Wasser bis zur Mitte einer großen Glasscheibe und drohte in die Wohnung einzudringen. Noch während der Erkundung hat dann wohl ein kleiner Baumstamm, von den Fluten mitgespült, die Scheibe eingedrückt. Binnen Sekunden war die Wohnung überflutet und zerstört. Für wohl jeden eine Tragödie, für viele sogar eine Existenzgefährdung.

Das Geröll lag auf der Straße, ein PKW wurde angeschwemmt, wir mussten die wichtige B51 wegen den Geröllmassen sperren. Wir bekamen über Funk mit, dass das THW und die Bereitschaftszüge der Feuerwehren des Regionalverbandes Saarbrücken alarmiert waren. Für uns war zu diesem Zeitpunkt klar: Auersmacher ist wohl der Einsatzschwerpunkt. Und es regnete immer noch heftig weiter. Außer Absperren konnten wir zu diesem Zeitpunkt nichts tun. Die Polizei, die für solche Aufgaben üblicherweise zuständig ist, kam ungewöhnlicherweise nicht zu uns. So konnten wir uns keinen anderen Aufgaben widmen. Und immer wieder gab es unvernünftige Personen, die unsere Absperrung ignorierten und mit teils hoher Geschwindigkeit durch die Wasser- und Geröllmassen fuhren. Sie gefährdeten sich und andere. Und wir warteten sehnnüchtig auf das THW, damit die so wichtige B51 wieder freigegeben werden konnte. Doch dieses wurde, für uns unverständlich, erst nach Kleinblittersdorf beordert. Warum war uns dann sofort klar als wir später ebenfalls nach Kleinblittersdorf kamen und dort das wahre Ausmaß der Katastrophe sahen. Die Schäden in unserem Dorf waren Lappalien gegenüber dem, was wir in Kleinblittersdorf und Bliesransbach vorfanden. (Die Aussage „Lappalie“ bezieht sich lediglich auf die Gesamtlage und die feuerwehrtechnischen Anforderungen. Auch hier waren viele Keller, manche mit Wohnungen, überschwemmt und die Bewohner haben teils erheblichen Sachschäden erlitten.)

Zu wie vielen Überflutungen es genau kam, lässt sich nur schätzen. Durch das verlängerte Wochenende waren wohl viele in Urlaub und erfuhren erst aus den Nachrichten, was bei ihnen zu Hause los war. So kam es auch in den Folgetagen noch zu Einsätzen mit überfluteten Kellern. In den Fällen, in denen sich das Wasser durch den Kanal in die Keller gedrückt hat, läuft es später oft wieder von alleine ab, also kein Einsatz für die Feuerwehr. Auch gibt es viele Keller, bei denen das Wasser auf einer Seite ebenerdig abfließen kann. Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger haben sich auch schon mit Pumpen, Eimern usw. selbst geholfen. Wir als Feuerwehr haben auch nur begrenzte Mittel und können die großen Wassermengen abpumpen, wobei es sich diesmal oft um Schlamm handelte, der sich mit unseren Pumpen nicht beseitigen lässt. Auch bleibt aufgrund der Bauweise unserer Geräte immer eine Restmenge stehen, die wir nicht abpumpen können. Die Höhe schwankt je nach eingesetztem Gerät. Diesmal konnte aber auch die Feuerwehr nicht überall helfen. Für die Geröllmassen musste schweres Gerät her. Und so kam das Technische Hilfswerk (THW), das man ja eher bei Auslandseinsätzen in Katastrophengebieten wahrnimmt, bei uns zum Einsatz. Die Einheiten kamen aus dem ganzen Saarland, später sogar aus Rheinland-Pfalz. Das THW leistete Großartiges. Baufachberater prüften Gebäude, ob sie überhaupt noch betreten werden können. Einheiten mit großen Radladern und LKWs kamen zum Einsatz. Für ähnliche Szenarien wurde das THW unter anderem gegründet. Aber auch Privatfirmen stellten Personal und Material zur Verfügung. So konnten die großen Schutt- und Geröllmassen beseitigt werden. Für die Leute, die entweder durch das Ereignis als solches oder da aufgrund der Schäden ihre Existenz auf den Spiel stand seelisch belastet waren, kam die PSNV Saarland – Notfallseelsorge und Krisenintervention Saarland e.V. mit seinen Notfallseelsorgern. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) sorgte für die Verpflegung aller Einsatzkräfte. Es war wohl der größte Einsatz in der Geschichte der Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde Kleinblittersdorf. Die Feuerwehr hatte 249 registrierte Einsätze, über die des THW liegen keine genauen Zahlen vor. Neben der Beseitigung der Schuttmassen übernahm das THW auch das Auspumpen und Räumen von überfluteten Räumen. Die Feuerwehr war mit ca. 300, THW und Rotes Kreuz zusammen mit ca. 100 und die Krisenintervention mit 10 Kräften im Einsatz.

Die Hauptlast der Aufräumarbeiten blieb und bleibt aber trotzdem bei den Hausbewohnerinnen und -bewohnern. Lange nachdem die Hilfsdienste die Einsatzstellen abgearbeitet haben und das Medieninteresse sich anderen Ereignissen zuwendet, sind noch nicht alle Schäden beseitigt. Ohne die Hilfe von Nachbarinnen und Nachbarn, Freundinnen und Freunden oder einfach unbekannten Menschen die helfen, ist die Last nicht zu stemmen. Die Feuerwehr kann mit ihrer Ausrüstung nur begrenzt helfen, das heißt stehendes Wasser ab ca. 8 cm abpumpen und hier und da Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Aber es zeigte sich, dass die Bevölkerung zusammenrückte und die, die keine oder nur geringe Schäden hatten, anderen halfen.       

Auch auf die Gemeinde kommen große Lasten durch die Schäden an Straßen, Brücken, Wegen usw. zu. Sie tat und tut aber ihr Möglichstes um den Betroffenen zu helfen. Sie organisierte die Abfuhr von Sperrmüll, Schutt usw. und hatte eigens ein Bürgertelefon eingerichtet. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Bauhof, Bauamt und Ortpolizeibehörde waren vor Ort im Dauereinsatz. Aber es ist nicht möglich, allen ihre Gebäude wieder Besenrein zu übergeben.