285 Einsatzkräfte üben den Ernstfall in Friedrichsthaler Bahntunnel

Wird die Feuerwehr zu einem Einsatz alarmiert bei dem es sich um ein größeres bzw. besonderes Objekt handelt, gibt es Alarmpläne. Diese wurden zuvor entsprechend der Gegebenheiten so ausgearbeitet, dass unmittelbar nach einer Alarmierung alle für das jeweilige Objekt benötigten Hilfskräfte anrücken. Weiter können an der Einsatzstelle anhand von Bauplänen direkte relevante Einsatz Vorgehensweisen durch die Einsatzleitung entschieden werden.

Ein solcher Alarmplan gibt es auch für den „Bildstocktunnel“, der zwischen den Ortsteilen Friedrichsthal und Bildstock liegt. Durch diesen Tunnel, der von 1953 bis 1955 erbaut wurde, verkehren täglich 188 Personen – und Güterzüge und dies mit einer Höchstgeschwindigkeit von 90 KM/h. Sollte es in dem Tunnel zu einem Zugunfall kommen, verständigt der Triebfahrzeugführer den zuständigen Fahrdienstleiter in Neunkirchen/S, der seinerseits die Notfallleitstelle in Karlsruhe informiert, die Kontakt zwecks einer Alarmierung der Hilfskräfte mit der Leitstelle Winterberg aufnimmt. Von hier aus erfolgt eine weitere Information an die Haupteinsatzzentrale der Berufsfeuerwehr, die dann entsprechend dem Alarmplan alarmiert. Um schnellstens gefahrlos im Schienenbereich arbeiten zu können, ist eine Bestätigung über die Einstellung des Fahrbetriebes auf beiden Streckengleisen erforderlich, die die Notfallleitstelle per Fax an die Leitstelle Winterberg übermittelt. Vor Betreten des Tunnels ist es darüber hinaus erforderlich, dass die Oberleitung über beiden Gleisen abgeschaltet und auf beiden Seiten des Tunnels geerdet wird („Bahnerdung“). Hierbei werden spannungsführende Teile gegen ungewollten Kontakt stromlos geschaltet. Diese Erdung erfolgt durch Mitarbeiter der Deutschen Bahn, die unmittelbar nach Meldung des Notfalls zur Einsatzstelle fahren und die Erdung durchführen. Alle Hilfsmaßnahmen, die ohne Betreten des Tunnelbereichs (und ohne in den Gefahrenbereich der nichtgeerdeten Oberleitung zu gelangen) möglich sind, können nach der Bestätigung „Einstellung des Fahrbetriebs“ anlaufen, ein Betreten des Tunnels ist erst möglich, nachdem der Notfallmanager der DB Netz dem Einsatzleiter der Feuerwehr die Abschaltung und Erdung der Oberleitung bestätigt hat. Der bestehende Alarmplan für den Bildstocktunnel ist aus dem Jahr 1994 und wurde seitdem nicht mehr geändert, auch wurde noch keine Übung in diesem Tunnel durchgeführt.  Rudi Klein, Ortsbeauftragter beim THW Friedrichsthal und Mitarbeiter der DB, machte sich Gedanken und kam zu dem Ergebnis dies bei der Feuerwehr Friedrichsthal anzusprechen. Nachdem dann der Plan gesichtet war, kam der Vorschlag von Klein diesen Alarmplan anhand einer Übung auszuführen und das daraus Erfahrene, falls erforderlich, zu ändern bzw. zu ergänzen. Eine Nachfrage bei der Bahn zur Durchführung einer Übung fand positive Resonanz, wonach auch schnell ein Termin gefunden wurde. Bis dahin trafen sich mehrmals die Verantwortlichen um diese Übung vorzubereiten.

Um diese Übung durchführen zu können, blieb nur eine Zeitspanne von 00:30 Uhr bis 04:00 Uhr, danach musste die Strecke wieder befahrbar sein. Auf dem Terminplan stand die Nacht vom 4. auf den 5. November, also von Samstag auf Sonntag. Treffpunkt war um 23:30 Uhr für Gäste und die Pressevertreter im Martin – Luther Haus, unmittelbar in der Nähe der Bahngleise. Nach einer kurzen Einführung in die Übung, bezogen die Gäste und die Pressevertreter einen Standort unmittelbar im Übungsbereich, wo man die Alarmierung abwartete. Diese erfolgte dann um 01:13 Uhr, zuvor wurde jedoch zur Sicherung des Übungsaufbaus schon eine Bahnerdung durchgeführt, was wie bereits beschrieben im Einsatzfall erst nach der Alarmierung erfolgt.

Das Übungsszenario sah folgendes vor.

Am Sonntag 5. November gegen 0.30 Uhr fährt ein Regionalzug von Neunkirchen in Fahrtrichtung Saarbrücken. Der Zug ist mit ca. 14 Personen besetzt. Vor dem Tunnel fällt ein Baum auf die Gleise und beschädigt die Oberleitung. Der Zug schleift den Baum mit in den Tunnel, der dann mittig im Tunnel zu brennen beginnt. Der Triebwagen fängt im vorderen Bereich ebenfalls an zu brennen. Durch die Rauchentwicklung ist eine Flucht durch den Tunnel nicht mehr möglich. Durch die Notbremsung werden einige Reisende verletzt. Der Lokführer verständigt den Fahrdienstleiter Neunkirchen/S der seinerseits das Meldeprozedere der DB Netz AG in Gang setzt.

Bereits kurz nach der Alarmierung, rückt das erste Fahrzeug der Feuerwehr Friedrichsthal an. Dieses bezieht Stellung etwa 350 Meter vom Tunnel entfernt, baut eine Beleuchtung auf und rüstet sich zum Erstangriff aus, während das THW am Bahnhaltepunkt Friedrichsthal Mitte beginnt einen speziellen Bahn-Schienenwagen aus Gerüstsystemen zu bauen, auf dem dann zunächst Schlauch Versorgungsleitungen transportiert, später dann auf diesen Verletzte aufgenommen werden. Im Einsatz auch Feuerwehreinheiten aus Saarbrücken. Vom Löschbezirk Alt-Saarbrücken rückt der Einsatzleitwagen (ELW) mit einem speziell ausgebildeten Team an. In diesem Fahrzeug wird die Gesamt Einsatzleitung Platz finden, von wo aus der Einsatz koordiniert wird. Gleichzeitig kommt ein Wechsellader der Berufsfeuerwehr, ausgerüstet mit Atemschutzgeräten um genügend Atemschutzgeräte sicherstellen zu können. Beide Fahrzeuge fahren von Saarbrücken aus die Übung an, um auch hier eine realistische Zeit in den Alarmplan übertragen zu können. Wichtig auch die Arbeit des DRK, die unter Flutlichtstrahlern der Feuerwehr Sulzbach eine Verletztensammelstelle errichten. Der Blick in Richtung Tunnel zeigt dichten hellen Kunstrauch, der aus dem Tunnel nach draußen dringt. Schnelles Handeln ist also angesagt in diesem ersten Abschnitt auf der Friedrichsthaler Seite des Tunnels.

Nicht anders sieht dies im Abschnitt zwei aus, der sich auf der anderen Seite des Tunnels in Bildstock befindet. Auch hier rüstet man sich zur Menschenrettung aus und baut eine Wasserversorgung zur Brandbekämpfung auf. Neben den Löschbezirken aus Friedrichsthal, Sulzbach, Quierschied und Bildstock, sind hier auch die Kameraden aus Spiesen /Elversberg mit in das Übungsszenario eingebunden. Mit 12 Fahrzeugen, arbeiten hier Feuerwehr, DRK und das THW bestens zusammen.

Von Beginn der Übung an steht fest, dass das größte Problem die Wasserversorgung sein wird, ob von der Friedrichsthaler Seite aus oder der Bildstocker Seite. Jeweils 350 Meter bis zum Tunneleingang sind umgeben von einem Waldgebiet, so dass hier keine Löschfahrzeuge Platz finden können. Um eine Wasserversorgung aufzubauen, werden zunächst zwei „B“ Leitungen vom Hydrant auf die Gleise verlegt. Von dort aus verlegt das THW eine „A“ Leitung bis zum Tunneleingang. Noch während diese Arbeiten im Gange sind, hört man aus dem Tunnel immer wieder Hilferufe und kräftiges Schreien. Es dauert dann auch nicht lange, bis erste Verletzte aus dem Tunnel rennen und von der Feuerwehr entgegengenommen werden. Mittlerweile sind auch Lüfter aufgestellt, die für eine Entrauchung des Tunnels sorgen.

Schließlich begeben sich mehrere Atemschutztrupps in den Zug und retten insgesamt 19 Verletzte. Diese Verletzte gehören alle einem Mimen Trupp an und machen es durch ihr Können und den fast echt dargestellten Verletzungen den Helfern nicht leicht. Schleppend oder tragend werden diese auf Schienenwagen des THW verbracht, nach draußen geschoben und dort dem DRK übergeben, von wo es zur Verletztensammelstelle geht. Auch hier wird genauestens begutachtet wer direkt in ein Krankenhaus verbracht werden muss, bzw. zur Erstversorgung bleiben kann.

Gegen 03:10 Uhr heißt es dann Einsatzende, Rückbau der Übung. Ein erstes Resümee der Übung wird noch vor Ort seitens der Verantwortlichen gezogen. Friedrichsthals Wehrführer Dieter Altmeyer betont, dass es nicht   nur die Wasserversorgung sei die Probleme bereitete, auch mit der Funkverständigung sei man nicht zufrieden gewesen. Dass hieran gearbeitet werden müsse, betonte auch Bürgermeister Rolf Schultheis, der von Beginn an die Übung mit verfolgte. Gerne, so die Verantwortlichen der Bahn die ebenfalls von Beginn an die Übung verfolgten, sei man zu einer Zusammenarbeit im Sinne der Tunnel Sicherheit jederzeit bereit. Ein weiterer Schritt wird nun eine gemeinsame Nachbesprechung aller Beteiligten sein, bei der ganz bestimmt einige Punkte im Alarmplan geändert werden und auch weitere festgestellte Verbesserungspunkte positiv aufgearbeitet und umgesetzt werden.

Anzahl der eingesetzten Kräfte

Feuerwehr 131
THW 67
Rettungsdienst 40
Presse 10
Polizei 6
DB 6
Darsteller 15
Sonstige 10
Gesamt 285